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Kirchgeherin

„1923 kam ich zum Studium nach Wien, und seitdem wurde mir Österreich zum Schicksal, zum Boden meiner geistigen Entwicklung. Dass ich dann, Maler geworden auf dem Rutarhof in Kärnten landete, war Fügung oder, besser: eine Kette von Fügungen. Das Unterland, das so abseitig und unbeschrien ist, hatte es mir bald angetan. Ungewöhnlich und von keinem Klischee erfassbar erschienen mir auch von Anfang an die Menschen, die Kärntner Slowenen, deren Wesen ich noch nirgends echt geschildert sah. Es wäre so töricht wie falsch, sie herabzusetzen, noch auch sie billig zu idealisieren. Katholische Religiosität im Verein mit aus dem Schoß der Uhrzeit Überkommenem, ein unentwegter Fleiß und Misstrauen gegenüber großen Tönen, aber auch gegen alles zu Klare kennzeichnen die Bevölkerung. Nach einem Jahre Hiersein hätte ich leichter und mehr aussagen können als jetzt nach über zwanzig Jahren, denn alles, was sich hier vollzieht, ist nicht leicht benennbar oder durchsichtig. Eben dies Geheimere musste aber für den Künstler unserer Zeit, der ja dem Vordergrund der Dinge misstraut und die Erschütterung der Welt in den Eingeweiden spürt, ein großer Anreiz sein.

Gewiss gibt es anderswo prächtigere Trachten und stattlichere Menschen, aber nur zu leicht fehlt – ich habe es zuweilen erfahren – jenes schwer zu definierende Gewürz der Besonderheit. Wer von denen, die nicht mit den Pappendeckelkronen der Altmeisterlichkeit spielen, könnte noch jene klare Selbstverständlichkeit und robuste Frische anstreben wie Courbet oder Leibl? Der Sprung, der Hang zu Chimäre, man mag ihn bedauern oder nicht, ist unleugbar, auch ist es das Chimärische nicht allein, das in den Geräuschen des Tages auf den unheimlichen Unterton horchen lässt, lange noch, bevor der steinerne Gast auftritt. Man gehe in eine der unberührteren Dorfkirchen, zu Allerheiligen auf den Friedhof von Eberndorf oder an einem der bestimmten Feiertage zum Hemma- oder Liesnaberg, wo das Volk zusammenströmt und eine Fülle von Anblicken bietet, in denen man mühelos hinter Anekdote und Folklore große Form, zeitlose Begebenheit und bildträchtiges Geheimnis entdecken kann.“

Werner Berg, Wahlheimat Unterkärnten, 1947. 



Entstehungsjahr
1961

Werknummer
0612

Werkgruppe

Thema
Figuren

Technik
Öl auf Leinwand

Maße
75 x 95 cm