Wächserne Legende
Die vielen Anregungen aus der bäuerlichen Alltagskunst seiner neuen Umgebung ermöglichten es Werner Berg, bereits in den allerersten Jahren in Kärnten eine ganz eigenständige, unverwechselbare künstlerische Position zu finden. In den Dörfern Unterkärntens entdeckte er eine landwirtschaftliche Kultur und Lebensweise, die, wie in einer Enklave, zu einem großen Teil noch dem vorwissenschaftlichen, vorindustriellen Zeitalter anzugehören schien. Die Religion prägte vielfach noch das Denken der Menschen, sie lieferte Antworten auf jedweden Erklärungsbedarf und strukturierte den Jahresablauf auf eine uns heute schon unvorstellbare Weise.
Die intensive Auseinandersetzung mit den Hervorbringungen der Volkskunst, die über weite Teile eine religiöse Volkskunst war, ermöglichte dem Künstler, nicht nur die Eigenheit der von ihm geschilderten Menschen tiefer zu ergründen. Vielmehr nahm er aus ihr zahlreiche Anregungen direkt in sein Werk auf. Bereits in den frühen 1930er Jahren nimmt seine radikale Vorgehensweise einzelne Ansätze der Pop-Art Künstler vorweg. Diese integrierten, etwa 30 Jahre später, in einem gänzlich anderen soziologischen Umfeld, in ähnlicher Weise die Hervorbringungen der Trivialkultur, Werbegrafik und Comics direkt in ihr Werk.
Ausgangspunkt für die Streifzüge Werner Bergs waren meist die Dorfkirchen. Dabei beeindruckte ihn, wie in der Heiligenverehrung der katholischen Volksfrömmigkeit uralte heidnische Schutzgötter und Fruchtbarkeitsriten fortlebten. Der archaische Ernst der Bräuche und Gebete trat ihm in Unterkärnten, aller verbrämenden Folklore entkleidet, entgegen. Bereits 1932/33 entstand eine erste Gruppe von „Kirchenstillleben“. Diese räumten den Hervorbringungen der Volkskunst einen ähnlich bedeutsamen Platz ein, wie Emil Nolde den Figuren Neuguineas in seinen Stillleben gewährte. Wie Nolde wollte Berg so zu fundamental ursprünglichen Kunstäußerungen vordringen. Gleich den Künstlern der späteren Pop-Art verwendete er jedoch bewusst einfache Zeugnisse der Trivialkultur, um seinen Werken signalhafte Strahlkraft zu verleihen. Es erstaunt immer wieder von neuem, wie viele motivische und ikonographische Anregungen Werner Berg in seine nur scheinbar so begrenzten Bildwelt aufnahm und verwandelte. So etwa die aus rotem Wachs gegossenen Votivfiguren. Nach Unfällen oder Schicksalsereignissen gespendet, erzählen die Wachsfiguren stumm von den großen Freuden und Leiden ihrer Donatoren.
Entstehungsjahr
1957
Werknummer
0486
Thema
Stillleben
Technik
Öl auf Leinwand
Maße
63 x 89 cm